CPU übertakten für mehr Leistung

Durch höheren Takt das Maximum an Leistung aus der CPU herauszukitzeln, ist eine verlockende Methode für fortgeschrittene Anwender, um gratis an noch mehr Tempo zu kommen.

Jede CPU, ob von Intel oder AMD , wird mit einer definierten Taktrate ausgeliefert, die vom Hersteller als sicher und stabil für den Dauereinsatz spezifiziert ist. Da bei ausreichender Kühlung immer noch Reserven nach oben bestehen, verkraften die meisten Prozessoren auch eine höhere Taktfrequenz und mithin einen entsprechenden Leistungszuwachs.

Beim CPU-Tuning geht es darum, eine höhere Taktrate zu finden, bei der das System immer noch genügend kühl bleibt und stabil abeitet. Höhere Taktfrequenzen versprechen unter Volllast mehr Leistung, die sich empirisch mit Benchmark-Tools messen lässt, allerdings von Chip zu Chip sehr unterschiedlich ausfällt.

CPU übertakten: Wie viel ist sinnvoll?

Es gibt zwei Möglichkeiten: Ein zurückhaltendes Heraufsetzen der Taktfrequenz um 10 bis 20 Prozent, bei dem bis auf die CPU-Frequenz selbst wenig verändert werden muss. Bei der anderen Methode geht es um sehr hohe bis extreme Taktraten, die auch immer eine Erhöhung der Betriebsspannung für CPU und RAM erfordern, damit das System noch stabil arbeitet. Höhere Spannungen steigern jedoch die Verlustleistung und damit die Abwärme, sodass hier bessere Luftkühler oder exotischere Methoden wie Wasserkühlung gefragt sind. Weil dies allerdings umfangreiche Experimente mit Änderungen von Taktfrequenz und Spannungen erfordert, sind diese extrem hohen Taktraten für produktiv eingesetzte Systeme, bei denen die Betriebssicherheit im Vordergrund steht, nicht empfehlenswert. Bei aktuellen PCs gibt es drei Parameter, mit deren Hilfe sich die Höhe der Taktraten einstellen lässt. Der CPU-Multiplikator, Parameter eins, wirkt sich direkt auf den Prozessortakt aus und multipliziert den Systemtakt (CPU Base Clock bzw. Host Clock) um den gewünschten Wert. Dies ist die einfachste Methode, setzt aber eine CPU voraus, die offene Multiplikatoren bietet.

Bei anderen CPUs setzt man stattdessen die CPU Base Clock (BLCK) herauf, was sich aber auch auf den Speicher auswirkt, der dann ebenfalls übertaktet wird. Der dritte Parameter ist die Versorgungsspannung Vcore der CPU, die jedoch nur sehr behutsam erhöht werden darf, wenn es um sehr hohe Taktfrequenzen geht, um das System stabil zu halten.

Warnhinweis: Überhöhte Taktfrequenzen zerstören zwar bei neuen CPUs selbige nicht mehr, da sich das System bei einer Prozessortemperatur von 100 Grad Celsius abschaltet. Trotzdem können spontane Abstürze Betriebssystem und Applikationen übel mitspielen und zu Datenverlusten führen. Achten Sie einerseits darauf, den Takt immer nur in kleinen Schritten zu erhöhen, und andererseits darauf, einen Stresstest vorzunehmen.

CPU übertakten: Für wen es sich lohnt

Vor etwa 20 Jahren stellte Intel den ersten Pentium I vor, eine echte Highend-CPU. Damals war Rechenleistung sehr teuer und kostbar, der Einführungspreis betrug immerhin stolze 1400 Mark (umgerechnete Kaufkraft wäre etwa 1200 Euro im Jahr 2012) für die Variante mit 60 MHz. Die nächstbessere CPU mit 66 MHz kostete gleich 20 Prozent mehr. Bei der Arbeit am PC war jedes Megahertz mehr sofort spürbar – selbst bei der Textverarbeitung. Heutzutage bekommen Sie für einen Bruchteil der damaligen Investition einen Mehrkern-Prozessor, der mit 3000 MHz und mehr läuft – mehr als genug Rechenleistung für die alltäglichen Aufgaben. Tatsächlich brauchen Office-Anwendungen diese Leistung nicht. Manuelles Übertakten der CPU ist nur sinnvoll, wenn es um die Beschleunigung rechenintensiver Programme geht. Etwa für Videobearbeitung, Encoding, Rendering oder für das klassische „Number Crunching“, das beispielsweise bei den Teilnehmern verteilter Rechnernetze von SETI@home und Folding@home oder Rechenzentren gefragt ist. Vielen Übertaktern geht es schlicht darum, das Maximum aus der CPU herauszuholen. Deshalb lautet die Motivation hier nicht selten: „Warum? Weil es geht!“

Zum bequemen Übertakten offeriert Intel sein Intel Extreme Tuning Utility , um Multiplikatoren und Turbo Boost aus Windows heraus anzupassen. Das englischsprachige Programm enthält eine Übersicht zu den Leistungsdaten der Prozessoren und stellt, falls verfügbar, den direkten Zugriff auf den Multiplikator per Regler bereit. Außerdem lassen sich damit die maximalen Turbo-Boost-Leistungsgrenzen bei den üblichen Intel-CPUs manipulieren.

Für die Prozessoren ist das AMD-Pendant dazu das AMD Overdrive Utility . Damit lässt sich per Software unter Windows auf Leistungsparameter der CPU zugreifen. Die Einstellungen dazu finden Sie unter „Performance Steuerung“. Auch wenn die Tuning-Tools von AMD und Intel das Ausreizen der CPU einfach machen, erfolgt dies grundsätzlich auf eigenes Risiko.

Manuelles Übertakten: Behutsam und ohne Risiko

Selbst wenn die im PC vorhandene System-CPU keinen offenen Multiplikator bietet, übertakten können Sie den Prozessor in den meisten Fällen trotzdem. Der Chipsatz des PCs erlaubt bei vielen Board-Herstellern die manuelle Anpassung von CPU-Leistungsparametern über das BIOS bezeihungsweise das UEFI. Dies ist der klassische und manuelle Weg, um höhere Taktfrequenzen zu erreichen.

Die im Folgenden gezeigten Vorgehensweisen dienen als allgemeines Beispiel zu populären Prozessoren von Intel und AMD, sie sind aber nicht auf jede Kombination von CPU und Hauptplatine anwendbar.

Wer das eigene System übertakten möchte und dabei Leistungsgrenzen ausloten will, kommt nicht umhin, sich in den diversen Overclocking-Foren und Webseiten wie etwa Meisterkuehler oder OCinside speziell über die eigene CPU zu informieren. Die dort empfohlenen Taktfrequenzen und Betriebsspannungen zu Kombinationen von CPU und Hauptplatine sind außerdem eine große Hilfe, um die idealen und stabilen Werte für den Praxisbetrieb zu finden. Doch auch hier gilt: Nur auf eigenes Risiko!

Turbomodus bei hoher Auslastung

Aktuelle Prozessoren bieten eine interne Übertaktungsfunktion: Intel führte im November 2008 mit der Generation Nehalem die Funktion „Turbo Boost“ ein. Dieser Modus erhöht die Taktfrequenz einzelner Kerne bei voller Auslastung, um Anwendungen ohne Multicore-Unterstützung bei Bedarf zu beschleunigen. So kann der Intel Core i5-6500 beispielsweise einzelne Kerne von 3,2 GHz auf bis zu 3,6 GHz hochtakten. Turbo Boost macht sich hier zunutze, dass die inaktiven Prozessorkerne in einen Energiesparmodus schalten. Dadurch produziert die CPU weniger Abwärme, obwohl die Kühlung für wesentlich mehr ausgelegt ist.

AMD zog im April 2010 mit dem Phenom II X6 nach, der eine ähnliche Funktion namens „Turbo Core“ bietet. Einzelne Kerne werden hier um bis zu 500 MHz beschleunigt. Turbo Boost und Turbo Core können ihre Vorteile aber nur ausspielen, wenn es um die Beschleunigung einzelner Kerne geht. Bei Anwendungen, die alle Kerne auslasten, fällt der Leistungsschub deutlich geringer aus. Sofern ausreichend Kühlung vorhanden ist, können die Tuning-Utilities von Intel und AMD den Multiplikator des Boot-Modus anheben. Dann ist allerdings auch hier ein Stresstest erforderlich, der jedoch nur einzelne Kerne voll auslasten soll, damit der Turbomodus in Aktion tritt.

Läuft ein übertaktetes System stabil und in vertretbaren Temperaturbereichen, bedeutet das nicht, dass es unter Belastung so bleibt. Der wichtigste Schritt ist, die Stabilität unter Last systematisch zu testen und die Chiptemperatur im Auge zu behalten. Zwar ist bei aktuellen Prozessoren die Gefahr gering, dass der Chip Schaden nimmt – zuvor schaltet sich das System ab. Aber Stabilitätsprobleme wären inakzeptabel. Als Stresstest, um der CPU richtig „einzuheizen“, empfiehlt sich CPU-Z - das Prozessor-Tool bringt seit der Version 1.73 einen eigenen Stresstest mit.

Im Testverfahren empfehlen wir zur Kontrolle den Einsatz von drei Programmen, übrigens ist jedes davon Freeware, die Sie während des Stresstests parallel verwenden: Mit Speedfan behalten Sie die Temperaturen im Blick, zeigt die wichtigsten Informationen wie etwa exakte Taktfrequenz, Spannung und den Multiplikator CPU Base Clock als „Bus Speed“ an, während CPU-Z für die nötige Prozessorlast sorgt.

Glossar: Diese Begriffe müssen Sie kennen

CPU Base Clock: Der Taktgeber des Systems, BCLK abgekürzt, und der universale Taktgeber für Prozessor und RAM. Einige BIOS-Versionen nennen dies auch Host Clock. Kann auch bei CPUs ohne offene Multiplikatoren die Leistung anheben, wirkt sich allerdings auch auf die Speicherbausteine aus.

CPU-Ratio: Der Multiplikator gibt das Verhältnis zwischen Taktgeber (CPU Base Clock) und Taktfrequenz der CPU an. Zum Übertakten ist dies die interessanteste Einstellung. Allerdings können Sie die CPU-Ratio lediglich auf Prozessoren mit offenen Multiplikatoren direkt ändern.

Vcore und CPU Voltage: Die Versorgungsspannung der CPU. Damit das System stabil arbeitet, ist beim extremen Übertakten eine höhere Spannung erforderlich. Achten Sie darauf, dass aktuelle CPUs ab 32-nm-Strukturen trotzdem deutlich weniger Spannung benötigen als ältere Prozessoren. Bis zu 1,3 V sind vertretbar, darüber gerät die Temperatur rasch fatal außer Kontrolle.

VCC/CPUIO: Dies ist die Spannung für die I/O-Ports der CPU. Bei Taktraten bis zu 4 GHz muss die Spannung gar nicht oder nur in minimalen Schritten angepasst werden.

VCCIO: Spannung des Speicher-Controllers, üblicherweise unter 1 Volt. Ein leichtes Erhöhen ist nur bei extremen Taktraten sinnvoll.

VCCSA: Steht für System Agent Voltage und wirkt sich auf CPU-Versorgungsspannung und VCC/CPUIO aus. Standardmäßig unter 1 Volt, muss dieser Wert nur bei extremer Übertaktung der Base Clock, wenn überhaupt, behutsam erhöht werden. Der Maximalwert von 1,4 Volt ist lediglich für Laborexperimente mit unkonventioneller Kühlung interessant.

Memory Multiplier: Gibt das Taktverhältnis für die RAM-Module vor.

Memory Voltage: Versorgungsspannung für die Speichermodule. Sollte höchstens 0,5 V über der VCCIO liegen, denn ansonsten droht Überhitzung.