"Bild": Corona-Warn-App hat bei Millionen kaum funktioniert

Die deutsche Corona-Warn-App hat nach einem "Bild"-Bericht auf Millionen Smartphones mit Android-Betriebssystem wochenlang nur schlecht oder gar nicht funktioniert.

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Berlin (dpa) - Nutzer etwa von Samsung- oder Huawei-Handys seien im Zweifel nicht oder zu spät gewarnt worden, berichtete das Blatt. Grund sei, dass sich auf Smartphones mit Android-Betriebssystem die notwendige stetige Hintergrundaktualisierung der Warn-App bislang automatisch ausstellte, solange die App nicht geöffnet war. Das sollte Handy-Strom sparen.

Ein Sprecher der Softwarefirma SAP, die die App mitentwickelt hatte, sagte der Zeitung: "Es gab in der Tat ein Problem mit früheren Versionen der Corona-Warn-App in Sachen Hintergrundaktualisierung auf Android-Geräten." Auch das Robert-Koch-Institut, das die App herausgibt, sagte der Zeitung: "Der automatische Abgleich im Hintergrund wurde von einem Teil von Android-Smartphones unterbunden."

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Was kann die App leisten?

Die App hilft nicht, eine Ansteckung zu verhindern. Sie kann aber dazu beitragen, dass Menschen nachträglich darüber informiert werden, wenn sie sich in der Nähe infizierter Personen aufgehalten haben. Diese sind schon Tage vor dem Auftreten erster Symptome ansteckend. Daher gilt: Je früher eine Person über ein Infektionsrisiko Bescheid weiß, desto schneller kann sie selbst Schutzmaßnahmen ergreifen und sich testen lassen oder sich in eine Quarantäne begeben, um andere vor einer Ansteckung zu bewahren. Die App soll außerdem dazu beitragen, dass Betroffene schneller ihr Testergebnis erhalten und Kontaktpersonen benachrichtigen.
Wie funktioniert das?

Mit der App verwandelt sich ein Smartphone in einen kleinen "Bluetooth-Leuchtturm", der im Abstand von zweieinhalb bis fünf Minuten eine Serie von Identifikationsnummern in die nähere Umgebung funkt. Gleichzeitig lauscht das Telefon, ob es Bluetooth-Signale von anderen empfangen kann. Halten sich Nutzer, die beide die App laufen haben, nebeneinander auf, tauschen die Smartphones ihre IDs aus.
Wie erfährt man, dass man sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten hat?

Wer positiv auf Covid-19 getestet wurde, trägt diesen Status selbst in die App ein. Um einen Missbrauch zu verhindern muss dieser Status offiziell bestätigt werden. Das geschieht zum einen über einen QR-Code, den man vom Testlabor erhält. Alternativ kann man auch eine TAN eingeben, die man von einer Telefon-Hotline bekommt, da nicht alle Labore in der Lage sind, QR-Codes zu generieren. Im Infektionsfall erhalten die betroffenen Kontakte einen Hinweis, dass sie sich testen lassen sollen.
Welche Daten verwendet der Algorithmus der App, um eine Benachrichtigung auszulösen?

Die App wertet die Dauer des Kontakts aus und registriert dabei, wie stark das Bluetooth-Signal war. Aus der Signalstärke lässt sich der ungefähre Abstand berechnen. Bei der Alarmierung spielt aber auch der Zeitpunkt des Kontaktes eine Rolle. Bei der Berechnung eines Risikowertes wird nämlich auch die Tatsache berücksichtigt, dass Infizierte unmittelbar vor dem Ausbruch der Krankheitssymptome besonders ansteckend sind.
Gefährdet die App die Privatsphäre der Anwender?

Bei der Programmierung der App und der dazugehörigen Dienste wurde ein mehrstufiges Konzept umgesetzt, um einen möglichst hohen Datenschutz zu gewährleisten. Es werden nicht die Identitäten der Anwender ausgetauscht, sondern anonymisierte IDs, die sich mehrfach in der Stunde ändern. Die IDs der Kontaktpersonen werden nicht zentral gespeichert, sondern dezentral auf den jeweiligen Smartphones. Nur die Liste der anonymisierten IDs der Infizierten wird auf einem zentralen Server vorgehalten. Der Abgleich findet aber ausschließlich auf den einzelnen Smartphones statt.
Wie unterscheidet sich die Corona-Warn-App von anderen Corona-Programmen?

Nach den Vorgaben von Google und Apple kann es pro Land nur eine offizielle Tracing-App geben, die mögliche infektiöse Kontakte nachverfolgt. Das ist die Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts (RKI), die von SAP und Telekom entwickelt wird. Es gibt parallel dazu andere Anwendungen mit anderen Zielen: Die Datenspende-App des RKI etwa sammelt Informationen von Fitness-Trackern ein, um zu sehen, ob es in den Regionen Auffälligkeiten gibt. Andere Apps überwachen, wie viele Menschen sich in einem bestimmten Bereich befinden, etwa an einem Strandabschnitt an der Ostsee.

Das Gesundheitsministerium verwies dem Bericht zufolge auf eine neue Version der App, die am Mittwoch herauskam: "Mit der Version 1.1.1 ist das Problem behoben." Über einen "Schieberegler" lasse sich die App dauerhaft scharf schalten.

Die App soll helfen, Infektionsketten nachzuverfolgen und zu unterbrechen. Außerdem kann sie dazu beitragen, dass Menschen nach einem Coronavirus-Test möglichst schnell ihr Testergebnis digital erhalten und über die App anonym mögliche Kontaktpersonen warnen können, wenn diese auch die App installiert haben.

Professor Hannes Federrath, Präsident der Gesellschaft für Informatik, sprach gegenüber der "Bild"-Zeitung von einem sehr ärgerlichen Fehler, der "gefährlich für die Gesundheit" der Verbraucher sein könnte. Er sieht die Schuld demnach bei den Smartphone-Herstellern.