Was ist ein Handydaumen und wie schütze ich mich davor?

Kann Whatsapp krank machen? Offenbar. Denn immer mehr Nutzer klagen über Schmerzen im Daumengelenk. Wie Sie Überlastungen vermeiden, zeigen wir in diesem Beitrag.

Immer mehr Kommunikation verlagert sich auf mobile Geräte. Doch ständiges Tippen am Smartphone belastet vor allem den Daumen. Nutzer von Whatsapp, Signal und weiteren Chat-Apps leiden daher immer öfter unter einem merkwürdigen Phänomen, das offenbar eine Folge von Vielschreiberei und Speed-Tipping zu sein scheint: der Handydaumen. Die Schmerzen treten nicht nur im Daumengelenk auf, sondern können sogar bis in den Ellbogen hinauf ausstrahlen.

Ursache ist eine durch einseitige Belastungsmuster hervorgerufene Verschleißerscheinung, die zu einer Sehnenscheidenentzündung im langen Daumenbeuger führen kann. Sehnen und Nerven können sich verdicken und die Hand im Extremfall anatomisch verändern. Durch die Brille der Evolution betrachtet, ist der Mensch von seiner Anatomie her denkbar schlecht für das Smartphone-Zeitalter gerüstet.

Mammuts und Steine statt Smartphones
Unsere Ur-Ur-Ahnen sind verantwortlich für diese Misere. Der Daumen diente hauptsächlich dazu, die Greiffunktion der Finger beim Steineklopfen oder bei der Jagd mit Speeren auf Wollhaarmammuts zu unterstützen. Kommunikationswerkzeuge wie Whatsapp kannte Homo Erectus noch nicht. Wäre dem so, gäbe es heute ein paar Probleme weniger - der Handydaumen ist eines davon.

Greifen und Zupacken haben wir im Laufe der Evolution ganz natürlich erlernt, einhändiges Touchscreen-Hämmern dagegen nicht. Das ständige Abspreizen und Überstrecken des Daumens führt zu einseitigen Überlastungserscheinungen und widerspricht diametral der Ergonomie der menschlichen Hand. Für diese Art von Bewegungsabläufen sind die menschliche Hände schlicht nicht gemacht.

Diese fünf Dinge sollten Sie mit Ihrem Smartphone nicht tun
Moment, ich muss schnell meinen Feed checken...

Nicht nur für Dates und Verabredungen gilt: Der Mensch geht immer vor. Nicht umsonst verbieten viele Eltern ihren Kindern das Smartphone mit an den Essenstisch zu bringen. Es ist ein Zeichen mangelnden Interesses, je nach Ausprägung vielleicht sogar einer gewissen Ablehnung, wenn man lieber auf das Display des Handys starrt, als dem Gegenüber in die Augen zu sehen.

Man sollte sich fragen: Wie würde ich mich fühlen, wenn mein Date oder Gesprächspartner lieber surft oder sich auf Instagram, bei WhatsApp und Co. herumtreibt, während wir gerade miteinander sprechen? Natürlich gibt es Ausnahmen. So kann man zum Beispiel schnell ein gespeichertes Foto heraussuchen, wenn man dies dem Gegenüber unbedingt zeigen möchte. Das sollte man zuvor aber auch ankündigen und sagen, warum man gerade das Smartphone aus der Hosen- oder Handtasche holt. Erwartet man beispielsweise einen wichtigen Anruf, sollte dies zuvor ebenfalls kommuniziert werden. Dann ist auch niemand böse, wenn das Gespräch mal kurz unterbrochen wird.

Finger weg vom Display!

Gerade wenn man über vergangene Urlaube oder dergleichen plaudert, greifen viele Menschen gerne zum Smartphone, um dem Gesprächspartner einen besonderen Schnappschuss zu zeigen. Gibt der Besitzer des Handys dazu das Gerät an das Gegenüber weiter, ist das kein Freifahrtschein, um weiterzuwischen und sich auch andere gespeicherte Aufnahmen anzusehen. Tut man das unaufgefordert trotzdem, kommt dies einem Vertrauensbruch und der Verletzung der Privatsphäre des anderen gleich. Es könnten sich beispielsweise private Bilder auf dem Smartphone befinden, die nicht für die Augen anderer Menschen bestimmt sind.

Das Hochladen abklären

Ein ebenfalls starker Eingriff in die Privatsphäre ist es zudem, Aufnahmen wie Bilder oder Clips ohne vorherige Erlaubnis im Internet zu veröffentlichen. Wer ein Foto, auf dem sich zum Beispiel auch Freunde befinden, mit der Welt teilen möchte, sollte zuvor unbedingt das Okay der anderen abgebildeten Personen einholen. Denn es kann tausende Gründe geben, warum eine Veröffentlichung womöglich nicht gerne gesehen ist. Es gehört sich außerdem nicht, Bilder von fremden Personen zu knipsen und im Internet zu posten. Das kann sogar rechtliche Konsequenzen haben, denn jeder besitzt ein "Recht am eigenen Bild", das Teil des Persönlichkeitsrechts ist.

Keine laute Musik

Für die Zeit nach der Corona-Krise gilt natürlich wieder: Im Theater oder Kino gehört es sich, das Smartphone lautlos zu stellen oder ganz auszuschalten. Ähnliches gilt auch für den öffentlichen Raum im Allgemeinen. Es ist immer bevorzugt, das Handy lautlos zu lassen oder zumindest einen möglichst dezenten Klingelton auf angenehmer Lautstärke zu verwenden. Nicht anders ist es beim lauten Abspielen von Videos oder Musik. Im eigenen Garten mag das nach Absprache mit den Nachbarn noch in Ordnung sein, in öffentlichen Verkehrsmitteln jedoch nicht.

Vorsicht, ein Auto!

Nicht nur unerwünscht sondern sogar gefährlich kann es sein, unentwegt auf das Smartphone zu starren, während man sich in der Öffentlichkeit bewegt. Rempelt man deswegen in der Fußgängerzone einen anderen Passanten an, geht das im Regelfall noch glimpflich aus. Aus einer leicht vermeidbaren, unschönen Situation wird allerdings schnell bitterer Ernst, wenn man wegen dem leuchtenden Display im Straßenverkehr abgelenkt ist. Natürlich können Nutzer auch in der Öffentlichkeit auf ihr Smartphone schauen, nehmen sie allerdings gerade aktiv am Verkehr teil, sollte aus Sicherheitsgründen darauf verzichtet werden. Es spricht beispielsweise nichts dagegen, sich beim Warten an der Bushaltestelle so die Zeit zu vertreiben. Auch hier sollte man allerdings darauf achten, dass man seine Mitmenschen nicht stört, indem man beispielsweise unachtsam im Weg steht.

Große Displays erhöhen das Risiko, sich zu verletzen
Nutzer großer Smartphones gehen beim Marathon-Tippen ein besonders hohes Verletzungsrisiko ein: Das ständige Übergreifen über eine größere Display-Strecke hinweg dehnt und überstreckt den Daumen. Schnelle Schreibmuster tun ihr Übriges und führen schnell zur "Whatsappitis", wie der Handydaumen neudeutsch auch genannt wird. Schon der Austausch kurzer Texte können dann zur Pein werden. Diese Warnzeichen zu ignorieren, kann chronische Verschleißerkrankungen nach sich ziehen, deren Bekämpfung eine langwierige Angelegenheit werden kann. Daher sollte man besser vorbeugen beziehungsweise rechtzeitig geeignete Therapien einleiten.

Maßnahmen zur Vorbeugung vor dem Handydaumen
Wenn Sie gern und häufig Nachrichten in Whatsapp und anderen Messengern austauschen, können Sie mit ein paar einfachen Regeln dem Handydaumen effektiv vorbeugen. Vor allem bei der Nutzung größerer Displays ist es ratsam, Texte nicht einhändig, sondern beidhändig zu schreiben. So schaffen Sie eine Arbeitsteilung zwischen dem Daumen der linken und dem der rechten Hand. Kein Daumen wird mehr überstrapaziert, weil nur noch ein halbierter Radius zu bedienen ist. Vor allem bei größeren Displays sollten Sie Text immer mit beiden Daumen schreiben.

Beim Schreiben längerer Texte hilft es zudem, während des Schreibens kurze Pausen einzulegen. Ein paar einfache Lockerungsübungen helfen ebenfalls, Daumen, Handgelenke und Arme zu entspannen. Last but not least geht es auch mal ohne Tippen: beispielsweise mit Sprachnachrichten oder dem klassischen Telefonanruf.

Erste Ermüdungserscheinungen des Daumens lassen sich schnell feststellen, indem Sie mit der Hand Ihren Daumen umschließen und den Handrücken nach oben drehen. Wenn Sie jetzt Ihre Hand vorsichtig und ohne Bewegung Ihres Arms nach außen bewegen und dabei Schmerzen verspüren, sollten Sie rasch handeln.

Was kann ich bei Beschwerden tun?
Sobald Sie im Bereich des Daumengelenks erste Schmerzen spüren, ist schnelles Handeln angesagt. Bevor ernste Verschleißerscheinungen auftreten, ist nicht nur die Smartphone-Benutzung kaum noch möglich. Auch das Zähneputzen oder das Zuknöpfen einer Hose kann zur Herausforderung werden, die einem die Tränen in die Augen treibt.

Die oberste Devise lautet nun Schonung, damit sich die überlasteten Sehnen erholen und Schmerzen nicht noch weiter ausbreiten. Andernfalls könnten die Schmerzen chronisch werden. Lange Texte am Smartphone zu tippen, sollten Sie ab jetzt tunlichst vermeiden. Rufen Sie stattdessen an oder Versenden Sie Sprachnachrichten, um sich anderen mitzuteilen. Vor allem dann, wenn es sich um längere Mitteilungen handelt. Schneller geht das ohnehin. Die eingesparte Zeit lässt sich sinnvoller nutzen: etwa für Massagen im Bereich des Daumens. Mit vorsichtigen Dehnübungen tun Sie etwas für die Lockerung von Sehnen und Gelenken und helfen dem überstrapazierten Daumen bei der Heilung.

Falls die Schmerzen richtig schlimm sind und unsere Massage-Empfehlung nichts nützt, haben Sie sehr wahrscheinlich eine Sehnenscheidenentzündung. Dann kann Ihnen nur noch ein Arzt oder ein Physiotherapeut weiterhelfen. Mit entsprechenden Übungen, speziellen Daumen-Workouts und Hilfsmitteln wie stützenden Tapes sollten Sie schon bald eine Linderung verspüren. Nur in den wenigsten Fällen sind härtere Maßnahmen wie chirurgische Eingriffe nötig. Das liegt unter anderem daran, dass die meisten Patienten mit Handydaumen nicht älter als 25 Jahre sind. Oftmals wird den Leidgeplagten auch nur ein ganz einfacher Rat mit auf den Weg gegeben: Für mindestens eine Woche nicht mehr auf dem Smartphone zu tippen. Für viele ist das die Höchststrafe.

Fazit
Es klingt albern, ist aber ein Faktum: Das weitverbreitete Phänomen Handydaumen ist eine schmerzhafte Angelegenheit, die nicht nur das emsige Chatten erschwert, sondern auch viele weitere alltägliche Aufgaben. Dabei ist das Syndrom nur eines von zahlreichen anderen Beschwerden, die sich auf eine übermäßige Smartphone-Nutzung zurückführen lassen. Ebenso kann es die Augen, Kopf, Nacken und Schultern betreffen. Dem Handydaumen können Vielschreiber dennoch vorbeugen, indem sie Dehnübungen in die alltäglichen Routinen einbauen und öfters mal Pausen einlegen. Sobald erste Beschwerden auftreten, sollten Betroffene rasch handeln und das Tippen zunächst ganz einstellen. Falls Verdacht auf eine Sehnenscheidenentzündung besteht, muss ein Arzt kontaktiert werden: Per Telefon versteht sich.