AMD Radeon RX 5500 XT - Preisgünstige GPU fürs Full-HD-Gaming?

Mit der Radeon RX 5500 XT veröffentlicht AMD endlich seine neue Einsteiger-Grafikkarte fürs Full-HD-Gaming. Wie gut sich die GPU mit 4 und 8 GB Videospeicher in Spielen schlägt, zeigt unser Test.

Über drei Jahre nach der Vorstellung der ersten Polaris-Grafikkarten veröffentlicht AMD endlich die Nachfolgegeneration in Gestalt des "Navi 14": Mit der Radeon RX 5500 XT will AMD dem Erzrivalen Nvidia im unteren Preissegment angreifen und zielt dabei auf den preisbewussten Full-HD-Gamer. Grafikkarten mit dem 5500 XT sollen nicht nur schneller als die 1650 (SUPER) und 1660 sein, sondern zudem auch energieeffizienter und preiswerter. Unser Test zeigt, dass sich die RX 5500 XT in Spielen gegenüber dieser Geforce-Modelle sehr gut schlägt und auch die Kühlsysteme der beiden Custom-Modelle auf ganz Linie überzeugen können. Der ausgerufene Preis ist jedoch etwas zu hoch angesetzt.

TEST-FAZIT: AMD Radeon RX 5500 XT mit 4 und 8 GB

Da AMD für die Radeon RX 5500 XT kein Referenzdesign zur Verfügung stellt, mussten wir die Tests mit zwei Custom-Designs durchführen. Die 4-GB-Version stammt von Sapphire aus der Pulse Serie und ist werkseitig bereits leicht übertaktet. Bei der Ausführung mit 8 GB Videospeicher handelt es sich um die PowerColor Red Dragon OC. Im Gesamtfazit müssen wir die beiden Grafikkarten auf Grund des unterschiedlichen Preises und ihrer Spieleleistung getrennt bewerten.

Sapphire Pulse Radeon RX 5500 XT 4G

Die 4-GB-Variante der Radeon RX 5500 XT zielt auf Nvidias jüngst veröffentlichte GeForce GTX 1650 SUPER ab und kann diese in so gut wie jedem Spiel hinter sich lassen. Dazu ist unser Test-Sample bei geringer Auslastung enorm energieeffizient, in Spielen verbraucht die Grafikkarte ähnlich viel Leistung wie die Konkurrenz. Besonders gut gefallen hat uns das exzellente Kühlsystem. Bis 55°C stehen die beiden Lüfter vollkommen still - und selbst wenn diese sich zu drehen beginnen, ist die Karte absolut lautlos.

Fraglich bleibt jedoch auf jeden Fall wie zukunftssicher eine Grafikkarte mit nur 4 GB Videospeicher (VRAM) ist. Unser Test zeigt, dass der VRAM bereits heutzutage in etlichen Spielen der limitierende Faktor sein kann, wenn Sie auch die neuesten Grafik-Blockbuster spielen wollen. Für ältere Spiele oder kompetitive Titel wie PUBG oder Fortnite sind 4 GB jedoch ausreichend. Auch die unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers ist mit 180 Euro aktuell zu hoch. Die GTX 1650 Super ist zwar etwas langsamer, dafür aber auch 20 Euro günstiger. Hier muss sich zeigen, wie sich die Preise nach der Veröffentlichung entwickeln.

PowerColor Red Dragon RX 5500 XT 8GB

Durch den doppelt so großen Videospeicher hat die PowerColor Red Dragon RX 5500 XT in unseren Spieletests gegenüber dem Modell von Sapphire einen großen Vorteil. Dadurch erzielt die Grafikkarte eine Mehrleistung von gut zehn Prozent und liegt damit nur knapp hinter einer GeForce GTX 1660 von Nvidia. Auch hier ist das Kühlkonzept sehr gut gelöst. Die Lüfter stehen bei geringer Auslastung ebenso still und bleiben auch darüber hinaus sehr leise. Bei der Leistungsaufnahme nehmen sich unsere beiden Test-Samples quasi nichts.

Das Gesamtpaket der RX 5500 XT mit 8 GB VRAM kann also durchaus überzeugen, wäre da nicht der Preis von 210 Euro. Die GTX 1660 ist nämlich bereits ab 200 Euro erhältlich und zudem noch ein paar Prozentpunkte schneller. Im Normalfall fallen die Preise aber bereits kurz nach Release unter die UVP des Herstellers.

Pro:

+ Geringe Leistungsaufnahme

+ Hervorragender Kühler

+ Gute Full-HD-Leistung

+ 8-GB-Variante erhältlich

Contra:

- Etwas zu teuer

- 4 GB knapp bemessen

Die technischen Daten auf einen Blick

Bereits vor über zwei Monaten hat AMD die Serie Radeon RX 5500 offiziell vorgestellt. Allerdings war der Grafikchip Navi 14 bisher nur in Fertig-PCs von OEM-Partnern und als mobile Variante in Laptops erhältlich. Mit der Veröffentlichung der Radeon RX 5500 XT ist der kleiner Navi-Ableger ab sofort auch auf Custom-Grafikkarten der Board-Partner von AMD. Die drei Varianten RX 5500 Mobile für Notebooks sowie die RX 5500 und RX 5500 XT für Desktop-Grafikkarten unterscheiden sich bei den Taktraten der GPU, der externen Stromversorgung und der Leistungsaufnahme. Der zugrunde liegende Grafikchip ist allerdings immer der Gleiche.

Wie auch schon die WQHD-Grafikkarten RX 5700 (XT) fertigt AMD den Grafikchip Navi 14 im 7-Nanometer-Verfahren. Das führt nicht nur zu einer kleineren Chipgröße, sondern auch einer verbesserten Energieeffizienz. Im Vergleich zur Vorgängergeneration fällt die GPU deshalb um 40 Prozent kleiner aus und hat auch ein um 60 Prozent verbessertes Energielevel in Relation zur erbrachten Leistung. Laut GPU-Z takten unsere beiden Samples mit einem Basistakt von 1607 MHz und erreichen im Boost bis zu 1845 MHz. Diese Werte hängen aber vom jeweiligen Grafikkartenhersteller ab. Die vier respektive acht Gigabyte GDDR6 Videospeicher sind über ein 128-Bit breites Interface angebunden, woraus eine Übertragungsrate von 224 GB/s resultiert. Die TDP gibt AMD mit 130 Watt an, in Spielen liegt der Verbrauch nach unseren Messungen aber deutlich darunter.

AMD Radeon RX 5700 (XT): Gute Spieleleistung in Full-HD

Als Einsteigergrafikkarte richtet sich die RX 5500 XT an den preisbewussten Full-HD-Gamer. In diesem Bereich weiß die neue AMD Grafikkarte auch durchaus zu überzeugen. Um einen möglichst aussagekräftigen Wert bezüglich der Spieleleistung einer Grafikkarte zu erhalten, testen wir alle Samples in zehn aktuellen Blockbustern aus den unterschiedlichsten Genres. Die erreichten Bilder pro Sekunde ermitteln wir dabei mit dem kostenlosen Tool CapFrameX. Um nicht nur einen durchschnittlichen FPS-Wert anzugeben, messen wir zudem das "99.9th percentile". Dieser Wert gibt die minimalen FPS an, wobei die schlechtesten 0,1 Prozent ausgeklammert sind. Zudem überwachen wir die anliegenden Taktraten der Grafikkarten mit MSI Afterburner. Damit ein möglichst realitätsnaher Test entsteht, heizen wir die Grafikkarten vor jedem Test auf ihre Maximaltemperatur vor, weil mit zunehmender Temperatur die Taktraten sinken.

Da wir leider kein Testsample der GTX 1650 Super bekommen haben, fehlt diese Grafikkarte in dem Vergleich. Die Testwerte reichen wir jedoch sobald möglich nach. Doch auch so lässt sich die RX 5500 XT gut einordnen. Die AMD Grafikkarte lässt die GTX 1650 in jedem Spieleszenario hinter sich, in den meisten Fällen sogar recht deutlich. Auffällig ist auch, dass die RX 5500 XT mit 8 GB das kleinere Modell in drei Spielen spürbar abhängt. Hier reichen die 4 GB VRAM schlichtweg nicht mehr aus. Deshalb haben wir auch noch untersucht, wie hoch die Speicherauslastung in den zehn getesteten Spielen ausfällt, aber später mehr dazu. Das größere Modell schafft es in manchen Spielen sogar der GTX 1660 das Wasser zu reichen.

Die Spieletests zeigen, dass die RX 5500 XT in der Lage ist, aktuelle Spieleblockbuster zum Teil auch bei höchsten Einstellungen in Full-HD flüssig wiederzugeben. In vielen Spielen müssen Sie jedoch die Spieledetails um eine Stufe nach unten schrauben, um über 60 FPS zu erhalten. In kompetitiven Spielen wie Fortnite oder PUBG erreichen Sie selbst auf der höchsten Detailstufe über 100 Bilder pro Sekunde. Zusammen mit AMD FreeSync erhalten Sie also ein vollkommen ruckelfreies Spieleerlebnis in bester Grafik.

Werfen wir einen Blick auf die minimalen FPS-Werte zeigt sich, dass in den Treibern noch einiges an Optimierungsbedarf steckt. Je nach Spiel brechen die Bilder pro Sekunde nämlich deutlich zu stark ein. Gerade die Variante mit nur 4 GB Videospeicher hat teils sehr starke Drops und fällt sogar unter die GTX 1650, die sie im Mittel noch deutlich schlägt. Einzig und allein in Red Dead Redemption scheint Nvidia ein Problem mit den minimalen FPS zu haben, hier hat AMD deutlich die Nase vorne. Das gilt auch für die größeren RX 5700 Grafikkarten.

Um ein etwas übersichtlicheres Bild über die Spieleleistung zu erhalten, haben wir sämtliche FPS-Werte in Full-HD zusammengefasst. Die RX 5500 XT liegt dabei gute 24 Prozent vor der GTX 1650 und sollte damit auch die GTX 1650 Super hinter sich lassen. Auf Grund des größeren Videospeichers erreicht die Variante mit 8 GB im Schnitt gute zehn Prozent höhere FPS-Werte und liegt damit nur noch sechs Prozent hinter der GTX 1660.

4 GB Videospeicher selbst in Full-HD nicht immer ausreichend

Um die teils deutlichen FPS-Drops und auch den Vorsprung der RX 5500 XT mit 8 GB zu erklären, haben wir uns die Speicherauslastung in allen Spielen angeschaut. In nur zwei der zehn Spielen reichen die 4 GB VRAM aus, in allen anderen Spielen ist der Videospeicher voll ausgelastet. Hier muss man jedoch unterscheiden zwischen: Wie viel VRAM belegt ein Spiel und wie viel benötigt es wirklich um flüssig zu laufen? Alle Spiele belegen bei der RX 5500 XT mit 8 GB nämlich mehr Videospeicher, aber nicht in allen ist die 4 GB Variante auch langsamer. Gute Gegenbeispiele hierfür sind Assassin's Creed Odyssey und Shadow of the Tomb Raider. Auf Grund der Limitierung des Speichers brechen die Bilder pro Sekunde nämlich deutlich ein.

Zusätzlich zu der Speicherauslastung prüfen wir mittels MSI Afterburner die anliegenden Taktraten in den Spielen. Hierbei nehmen sich die beiden Test-Samples quasi nichts und liegen immer auf einem Level. Dementsprechend liegt der Leistungsunterschied nicht in den Taktraten begründet. Auf Grund der hervorragenden Kühlung beider Grafikkarten erreichen die GPUs auch nahezu die angegebenen Boost-Taktraten der Hersteller.

Hervorragende Kühlleistung und gute Energieeffizienz

Neben der erbrachten Leistung spielen bei einer Grafikkarte noch andere Faktoren wie die Temperatur, die Lautstärke und die Leistungsaufnahme eine wichtige Rolle. Da es sich bei unseren beiden Test-Samples um Custom-Designs handelt, können diese Werte jedoch je nach Hersteller und Modell variieren.

Die Temperaturen fallen bei allen Modellen sehr gut aus, das ist jedoch in Anbetracht der Vergleichsweise niedrigen Leistungsaufnahme auch zu erwarten. Bei den beiden RX 5500 XT Modellen ist zu beachten, dass die Grafikkarte bis zu einer Temperatur von 60 Grad Celsius nur auf eine Passivkühlung setzt, erst ab diesem Wert beginnen die Lüfter sich zu drehen. Im Spiel Shadow of the Tomb Raider steigt die Temperatur dann auch nicht mehr viel weiter an.

Nur unter Windows, ohne geöffnete Programme, ist die Leistungsaufnahme enorm niedrig. Wir hielten diesen Wert anfangs für einen Messfehler, aber auch bei mehreren Nachmessungen haben sich die Werte nicht verändert. Interessant ist, dass die RX 5500 XT mit 8 GB Videospeicher beim Anschauen eines YouTube-Videos in Full-HD-Auflösung mehr als doppelt so viel Watt benötigt wie die 4 GB Variante. Wir warten noch auf eine Rückmeldung von Seiten AMDs bezüglich dieses Messergebnisses. Im Spiel Shadow of the Tomb Raider genehmigen sich die beiden Grafikkarten im Schnitt etwas über 100 Watt und damit deutlich weniger als die von AMD angegebene TDP von 130 Watt. Damit bewegt sich die Navi 14 GPU auf dem Niveau der Turing-Generation von Nvidia.

Die Geräuschkulisse der beiden Grafikkarten ist zwar messbar, aber definitiv nicht hörbar, sofern man sein Ohr nicht direkt neben die Grafikkarte hält. Da die Lüfter bei geringer Auslastung still stehen sind die beiden Grafikkarten im Idle geräuschlos. Aber selbst wenn sich die Lüfter zu drehen beginnen, ist das nur seh- aber nicht hörbar. Hier haben sowohl die Ingenieure von Sapphire als auch von PowerColor gute Arbeit geleistet. Bei der GTX 1650 lassen sich die Lüfterdrehzahlen leider nicht auslesen. Auf Grund ihres Low-Profile-Designs ist die Grafikkarte jedoch deutlich lauter.

Preise und Verfügbarkeit

Die Radeon RX 5500 XT ist sowohl mit 4 als auch 8 GB Videospeicher ab sofort verfügbar. Die Preise liegen bei 180 respektive 210 Euro und damit etwas zu hoch. AMD schafft es mit der RX 5500 XT zwar ein Paket abzuliefern, das nahezu auf ganzer Linie zu überzeugen weiß, aber die Preise müssten etwas niedriger ausfallen. Nvidias GeForce GTX 1660 ist nämlich nicht nur durchschnittlich 6 Prozent schneller, sondern aktuell auch 10 Euro günstiger als das 8 GB Modell der RX 5500 XT.