"WhatsAppitis": Warum das Smartphone auch krank machen kann

Schon einmal von "WhatsAppitis" oder "Handy-Daumen" gehört? Wer Schmerzen im Handgelenk verspürt, könnte zu viel Zeit am Smartphone verbringen.

Ein Leben ohne Smartphone? Besonders viele jüngere Menschen können sich dies wohl nur noch schlecht vorstellen. Es ist immer dabei und hilft beispielsweise während der Corona-Pandemie, mit seinen Liebsten und Freunden in Kontakt zu bleiben. Die Nutzung von Messenger-Diensten wie WhatsApp, Signal oder Threema ist für viele ein absolutes Muss. Doch bei übermäßigem Gebrauch können Nutzer auch ihre Gesundheit gefährden.

Wie viel tippen die Deutschen?
Die überwiegende Mehrheit der Anwender in Deutschland, die ein Smartphone besitzen, nutzt Messenger-Apps. Laut einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom unter 1.003 Personen ab 16 Jahren, benutzen 88 Prozent auch einen Messenger. Das entspreche etwa 50 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. In der Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen gaben 100 Prozent an, entsprechende Dienste zu verwenden - bei den 30- bis 49-Jährigen 96 Prozent. Selbst bei den 50- bis 64-Jährigen sind es 88 Prozent und bei den ab 65-Jährigen noch 45 Prozent.

Nach einer Hochrechnung basierend auf einer weiteren Erhebung aus dem Januar gehen alleine auf Smartphones und Handys deutscher Nutzer ab 16 Jahren am Tag mehr als 810 Millionen Kurznachrichten ein. Im Jahr 2021 werden es voraussichtlich etwa 300 Milliarden sein. Ein Nutzer bekommt täglich durchschnittlich 13 Nachrichten. 25 Prozent der Anwender gaben dabei an, jeden Tag mehr als 20 Kurznachrichten zu bekommen.

Was ist "WhatsAppitis"?
Bereits 2018 berichteten Experten von einer neuen Zivilisationskrankheit mit dem Namen "WhatsAppitis" - oder auch "Handy-Daumen". Dabei handelt es sich um eine Überbeanspruchung des Daumens durch die übermäßige Nutzung eines Smartphones - etwa durch das gehäufte Nutzen von Messenger-Apps und Social-Media-Plattformen. Eigentlich solle der Daumen das Greifen der Hand unterstützen. Ein Faustschluss sei beispielsweise eine typische Bewegung, "eine Dehn- oder Abspreiz-Bewegung auf Dauer aber nicht", heißt es in einer Mitteilung des Universitätsklinikums Leipzig von Mitte 2018. Damals nahm die Anzahl an jungen Patienten schon zu.

Prof. Dr. Stefan Langer, Bereichsleiter Plastische, Ästhetische und spezielle Handchirurgie an der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plastische Chirurgie des Universitätsklinikums Leipzig, erklärt weiter: "Beim einhändigen Bedienen des Smartphones wird der Daumen überbeansprucht." Eine "fortgesetzte Daumenbewegung in Richtung kleiner Finger strengt an und führt zu Schmerzen im daumenseitigen Handgelenk." Im Gegensatz zu früher sei ein typischer Patient mittlerweile noch jung - etwa 15 bis 25 Jahre alt.

Wie kann eine "WhatsAppitis" behandelt werden?
Bei einer älteren Dame könne man beispielsweise eine Kortisonspritze setzen, bei jüngeren Menschen gestalte sich das jedoch problematisch. "Dem jungen Handy-User kann ich guten Gewissens kein Kortison geben: Der Patient beziehungsweise die Sehne hat noch das ganze Leben vor sich", meint Langer. Es könnten später "noch echte medizinische Probleme" auftreten, bei denen dann eine Behandlung mit Kortison "unverzichtbar" werden könnte. Zudem gebe es für eine Operation nicht wirklich einen Anlass. Langer: "Ich kann den jungen Patienten nur raten: Handy weglassen. Mit etwas Geduld lassen die Schmerzen nach einer Woche nach."

"Ich rate den Handy-Tippern, beide Daumen zugleich einzusetzen", meint Ergo- und Physiotherapeutin Norina Weisenbilder. So müssten die Daumen auf dem Display des Smartphones geringere Entfernungen zurücklegen, "werden also nicht überdehnt. Und generell sollte die Spielerei am Handy im Rahmen bleiben. Dann tut auch der Daumen nicht weh."