Die neuen AMD-Radeon-Grafikkarten RX 5700 (XT) können mit vielen Neuerungen aufwarten: Unterstützung von PCI Express 4.0, eine neue GPU-Architektur namens RDNA sowie eine Fertigung der Chips im energieeffizienten 7-Nanometer-Verfahren. Der Test zeigt, ob sich Nvidia mehr als aufgebohrte Super-Grafikkarten-Varianten überlegen muss.
Schluss mit den Gerüchten und Leaks, hier sind sie: Die neuenAMD-Radeon-Grafikkarten RX 5700 (XT). Wir haben beide Grafikkarten mit den RTX-Super-Modellen von Nvidia verglichen (zum Test) und uns auch die Leistungsaufnahme der neuen Radeon-Modelle angesehen. Und AMD hat es tatsächlich geschafft, uns positiv zu überraschen. Die Testergebnisse finden Sie weiter unten im Artikel. Ebenfalls interessant: Heute am 7. Juli 2019 hat AMD auch seine Ryzen-Prozessoren der dritten Generation vorgestellt. Zu unserem Test des Ryzen 9 3900X und Ryzen 7 3700X.
TEST-FAZIT: AMD Radeon RX 5700 & RX 5700 XT
Mit der AMD Radeon RX 5700 und 5700 XT kann sich AMD einen wohlverdienten Platz in der Mittel- und Oberklasse ergattern. Eine RX 5700 ist in unseren Tests stellenweise flotter unterwegs als eine RTX 2060 Super, während die 5700 XT einer RTX 2070 Super durchaus Konkurrenz machen kann. Hätte Nvidia kein Super-Upgrade durchgeführt, hätte man die Mittelklasse und untere Oberklasse AMD überlassen müssen. Aber weitaus beeindruckender ist die Tatsache, wie effizient die Navi-GPUs ihren Job erledigen. Damit ist das Klischee der heißen und stromhungrigen AMD-Grafikkarten auch definitiv vom Tisch.
Knapp wird es für Nvidia aber auch in Sachen Preis-Leistung. Die RX 5700 XT soll 419 Euro (UVP) kosten, was dem Preis der RTX 2060 Super entspricht – nur ist erstere Karte schneller. Die RX 5700 hingegen kostet sogar nur 369 Euro und ist stellenweise so schnell wie eine RTX 2060 Super. Wer also wirklich auf jeden Cent schauen muss, kommt kaum um die RX 5700 herum – sofern Sie auf Raytracing verzichten können, denn das beherrschen bisher nur Nvidia-RTX-Karten.
Pro:
+ beeindruckende Energieeffizienz
+ wettbewerbsfähige Gaming-Leistung
+ Unterstützung von PCI Express 4.0
+ tolles Preis-Leistungs-Verhältnis (RX 5700)
Contra:
– laute Lüfter unter Last
Mehr Leistung bei geringerem Stromverbrauch
Die Navi-Grafikprozessoren der RX-5700-Modelle basieren auf der neuen RDN-Architektur die AMD in 7 Nanometer fertigen lässt. Das soll in Kombination mit RDNA nicht nur für eine hohe Energieeffizienz, sondern auch noch für mehr Performance sorgen: Im Vergleich mit den vorherigen 14-Nanometer-GPUs spricht AMD von einer 1,25-fachen Verbesserung der Leistung pro Takt.
Premiere: Erste Grafikkarten, die PCI Express 4.0 unterstützen
Doch damit nicht genug, denn die Modelle sind auch die ersten auf dem Markt, die PCI Express 4.0 und damit höhere und zukunftssichere Bandbreiten unterstützen. Denn im Vergleich zu 3.0 verdoppelt der Nachfolger die Datenraten. Damit das aber auch reibungslos funktioniert, muss schon auch ein neuer Ryzen-3-Prozessor und eine neue Hauptplatine mit X570-Chipsatz her. Aber keine Angst: Die neuen Radeon-Grafikkarten funktionieren auch auf Mainboards, die auf den (immer noch) weit verbreiteten PCIe-3.0-Standard setzen. Und große Leistungseinbußen dürfen Sie bis dato auch nicht erwarten, zumal die X570-Boards durch die Bank teurer als ihre Vorgänger geworden sind.
AMD überarbeitet auch Multimedia-Fähigkeiten
RDNA ist dabei aber nicht wieder „nur“ eine Weiterentwicklung der GCN-Architektur, die ihre Ursprünge im Jahr 2012 hatte. RDNA ist von Grund auf anders aufgebaut als GCN-Chips und erlauben somit nur noch schwer eine faire Vergleichbarkeit zu den Vorgängern. Denn die Navi-GPUs gehen ihre zugewiesenen Aufgaben auch grundsätzlich anders an, als es die GCN-basierten Karten getan haben. Beispielsweise
Außerdem hat AMD sich auch die Multimedia-Fähigkeiten der Grafikkarten gekümmert und unterstützt nun unter anderem die Wiedergabe von 8K-Inhalten bei 60 Hz über ein einziges Kabel. Dafür sind die Grafikkarten mit Displayport 1.4 inklusive Stream Compression ausgestattet. Bei HDMI handelt es sich um die Version 2.0b.
Grafikspeicher: Von HBM2 auf GDDR6
Bemerkenswert, aber keine echte Überraschung, ist der Wechsel des Grafikspeichers: Von HBM2 schwenkt AMD wie Nvidia auf GDDR6 um. Sowohl die RX 5700, als auch die RX 5700 XT sind mit acht Gigabyte ausgestattet, die wiederum über ein 256 Bit breites Speicher-Interface an die GPU angebunden sind. Mit einer Speicherbandbreite von 448 Gigabyte pro Sekunde ist der VRAM nun so schnell wie bei einer RTX 2080 oder 2070 (Super). Wir haben in der unteren Tabelle die technischen Daten der vergleichbaren Grafikkarten gegenüber gestellt.
Hohe GPU-Taktraten ab Werk
Im Vergleich zu Vega können die RX 5700 (XT) mit deutlich höheren GPU-Taktraten aufwarten. Tatsächlich führt AMD aber auch noch einen weiteren Begriff bei der Angabe der Taktfrequenzen ein: Neben einem Standard- und Boost-Takt gibt es nun auch einen Wert namens „Game“. Hierbei handelt es sich um den „minimal zu erwartenden GPU-Takt beim Ausführen von Spielen“, also im Prinzip ein garantierter Takt, den Gamer erwarten dürfen. Im Übrigen handhabt auch Nvidia seine Angabe des Boost-Takts.
Die AMD Radeon RX 5700 XT arbeitet mit 1605 (Standard), 1755 (Game) und 1905 MHz (Boost), während die Non-XT-Variante RX 5700 mit 1465, 1625 und 1725 MHz (Reihenfolge analog zur XT) arbeitet.
Neue Software-Features von AMD
Aber nicht nur die Hardware hält jede Menge Neuerungen parat, auch in Sachen Software hat AMD einiges zu bieten. Die bündelt AMD alle unter „FidelityFX“, und sie alle sollen für eine bessere Bildqualität sorgen. Die Bibliotheken dieser Effekte sind Open-Source, weshalb sie sich kostenlos von Entwicklern nutzen lassen. Das dürfte zu einer breiteren Adaption führen als Nvidias vergleichbare Gameworks-Techniken, die sich nur gegen Lizenzgebühren nutzen lassen. Nun zu ausgewählten FidelityFX-Techniken:
Besseres Bild beim Hochskalieren
Eines der wohl wichtigsten Techniken ist aber Contrast Adaptive Sharpening, kurz CAS. Diese Technik sorgt dafür, dass hochskalierte Bilder deutlich schärfer und detaillierter aussehen, ohne dafür noch mehr Rechenleistung zu beanspruchen. Wer also nur einen WQHD-Monitor nutzt, kann das Spiel in 4K hochskalieren und CAS bügelt die Bildqualität so glatt, dass es fast wie eine native 4K-Wiedergabe wirkt. Die Unschärfe beim Upscaling war bisher einer der größten Kritikpunkte. Die Integration von CAS wurde bereits von mehreren hochkarätigen Studios bestätigt, wie zum Beispiel Ubisoft, Capcom oder auch für die Unity-Engine.
Doch auch für alte und aktuell Spiele gibt es eine AMD-Technik, die die Bildqualität beim Hochskalieren verbessern soll. Sie heißt Radeon Image Sharpening (RIS), das sich ähnlich wie CAS verhält – nur lässt es sich in so ziemlich jedes Spiel implementieren, da es sich in der Grafiktreiber-Software aktivieren lässt.
Und die eSportler da draußen freuen sich über das Feature Radeon Anti-Lag, die die Zusammenarbeit von CPU und GPU besser synchronisiert und damit Eingabeverzögerungen (Input Lag) spürbar verringern soll.
Partnerkarten gibt es ab August 2019
Zum Launch wird es die RX 5700 (XT) nur im Referenzdesign geben (siehe die Abbildungen in diesem Artikel). AMD setzt weiterhin auf ein Blower-Design, bei dem der Axiallüfter kühle Luft einsaugt, über den PCB befördert und durch das Slotblech wieder herausführt. Beide Grafikkarten verfügen über ein Gehäuse aus Aluminium. Der teureren RX 5700 XT verpasst AMD noch ein Wellen-Design und eine Backplate. Zusätzlich ist auch noch eine etwas höher getaktete Anniversary Edition (AE) der RX 5700 XT erhältlich, die außerdem mit goldenen Akzenten beeindrucken kann.
Beide Grafikkarten müssen jeweils über einen 6- und einen 8-Pin-Anschluss mit zusätzlichem Strom versorgt werden. Die TDP der RX 5700 XT beläuft sich auf 225 Watt, die der RX 5700 auf 185 WEatt. Modelle mit überarbeiteten Kühlungen von Partnern wie Asus oder MSI wird es voraussichtlich ab August 2019 geben.
Kostenlose Dreingabe: 3 Monate Xbox Game Pass PC
Wer sich eine neue RX 5700 (XT) zulegt, bekommt auch noch ein kleines Geschenk von AMD: Käufer dürfen sich über drei Monate Zugang zum eigentlich kostenpflichtigen Microsoft-Dienst Xbox Game Pass PC freuen. Hierüber lassen sich Spiele auf den PC streamen. Als besonderes Highlight wird hier das kommende Gears 5 erwähnt.
AMD Radeon RX 5700 & 5700 XT in Benchmarks
In unseren Bildratenmessungen ergibt sich folgendes Bild: Eine RX 5700 kann locker mit einer RTX 2060 Super mithalten, stellenweise ist die Karte sogar flotter. Die RX 5700 XT wird einer RTX 2070 Super zwar gefährlich, aber sie ist nicht schneller. Eher durchwachsen und so gar nicht von den Bildraten übertragbar sind die Ergebnisse der synthetischen Benchmarks, die die AMD-Karten im Vergleich sogar etwas schlechter aussehen lassen. Aber im Endeffekt zählt ja auch die Praxisleistung in Spielen.
Überraschung bei den Umwelt-Eigenschaften
In Sachen Stromverbrauch müssen wir feststellen, dass die neuen Radeon-RX-Grafikkarten unter Last weniger Strom verbrauchen als die Geforce-RTX-Modelle. Damit ist auch Nvidias jahrelanger Vorsprung in Sachen Energieeffizienz gebrochen. Doch auch wenn die Freude bei AMD-Fans groß ist: Man sollte abwarten, was Nvidia aus dem Hut zaubert, sobald sie ihre GPUs ebenfalls in 7 Nanometer fertigen lassen. Zu guter Letzt: In Sachen Temperaturen erledigt das Kühldesign einen akzeptablen Job, allerdings sind die Lüfter unter Last deutlich hörbar.