Open WRT für einen unabhängigen Router

Nach dem Zusammenschluss von LEDE und Open WRT unter dem alten Namen ist eine neue Version der freien Routersoftware erschienen. Die bringt viele Details auf den neuesten Stand. Alte Nickligkeiten bestehen aber weiterhin.

Jeder Router wird vom Hersteller mit einer Steuerungssoftware ausgeliefert. Dabei lassen sich die Entwickler nur ungern in die Karten schauen und der Nutzer bleibt abhängig vom Engagement des Herstellers: Ob und wann es Updates der Firmware gibt, falls eine neue Sicherheitslücke entdeckt wird, kann er nicht beeinflussen. Und an manche Funktionalität des Routers kommt der Anwender einfach nicht heran. Das Projekt Open WRT will Router von dieser Gängelung befreien. Es bietet eine alternative Firmware für viele namhafte Fabrikate und Modelle an oder verwandelt einen Raspberry Pi in einen leistungsfähigen Router. Unzufrieden mit der Richtung des Projekts hatten sich einige Entwickler dazu entschieden, mit LEDE eine Alternative auf Basis von Open WRT anzubieten. Inzwischen wurde das Projekt als „Open WRT“ wiedervereinigt.

Neues und Altes unter der Haube

Mit den meisten Veränderungen, die die Vereinigung der beiden Projekte mit sich bringt, werden nur die wenigsten Nutzer in Berührung kommen. Mit dabei ist ein frischer Linux-Kernel, der je nach System 4.9.111 oder 4.14.52 lautet. Außerdem sind Glibc 2.26+ und GCC 7.3.0 dabei. Viele Bugfixes betreffen IPv6, denn hier wurden der DHCPv6-Client und der Server überarbeitet. Die Version für x86-Prozessoren hat einen Schutz gegen die Sicherheitslücken Meltdown und Spectre erhalten.

Die Einrichtung des Systems ist aber kein Stück komfortabler geworden. Die Einrichtung bleibt kompliziert, wenn der Router beispielsweise hinter einem DSL-Modem arbeiten soll, das selbst als Router arbeitet. Wer die offene Firmware auf seinen Router überspielen will, sollte auf der Projektseite exakt die Datei herunterladen, die genau für das passende Modell angeboten wird. Falls die eigene Modellreihe nicht unterstützt wird, lassen Sie besser die Finger von der Übertragung. Im schlimmsten Fall hätten Sie anschließend ein nutzloses Gerät vorliegen. Am Raspberry sind so gravierende Probleme entschärft, weil Sie dessen SD-Karte jederzeit austauschen oder löschen können.

Die ersten Schritte sind noch recht einfach. Sie laden das passende Image aus dem Web und übertragen es am besten mit Etcher ( https://etcher.io/ ) auf eine SD-Karte. Von dieser wird der Kleinstrechner dann gestartet. Die grundlegende Konfiguration des Systems nehmen Sie im Browser auf einem PC im lokalen Netz per Webinterface vor. Open WRT geht nun allerdings davon aus, dass es über die IP-Adresse „192.168.[xxx].1“ erreichbar ist. Die erste IP Ihres lokalen Adressraums ist aber in aller Regel vom Router belegt. Wenn Sie den Raspberry mit Ihrem Router verbunden haben, kommen Sie folglich nicht auf die Admin-Oberfläche. Der einfachste Weg, um dieses Problem zu lösen: Sie trennen PC oder Notebook von der bisherigen Netzverbindung. Dann verbinden Sie diesen Rechner per Ethernet-Kabel direkt mit dem Raspberry. Warten Sie einen Moment, bis der Status auf dem Desktop vermeldet, dass Sie per Ethernet verbunden sind. Rufen Sie nun die IP-Adresse „192.168.[xxx].1“ mit dem Browser auf, so begrüßt Sie die Weboberfläche von Open WRT.

Bevor Sie die IP-Adresse des Raspberry verändern, sollten Sie die Oberfläche mit einem Passwort schützen. Folgen Sie dazu dem Link, der auf der Startseite zu sehen ist. Der erste Eindruck täuscht: Open WRT wird inzwischen ohne voreingestelltes Passwort ausgeliefert. Nachdem Sie Ihr Passwort eingetragen und bestätigt haben, müssen Sie sich erneut anmelden. Die Änderung der IP-Adresse erledigen Sie dann mit einem Klick auf „Network“ und anschließend „Interfaces“. Klicken Sie danach auf „Edit“. Im Register „General Setup“ können Sie jetzt in das Feld „IPv4 address“ eine freie Adresse aus dem Adressraum Ihres Netzwerks wählen, damit sich der echte Router und der Raspberry nicht in die Quere kommen.

Vielseitig einsetzbar, aber komplex

Wenn Sie Open WRT auf einem Raspberry Pi 3 installieren, eignet sich die Konstellation am besten als WLAN-Access-Point. Denn alles, was Sie dafür benötigen, liefert der Rechner bereits mit. Die LAN-Buchse übernimmt den Datenverkehr mit dem Router. Der integrierte Wi-Fi-Chip spannt dann das WLAN auf. Sie finden die Optionen für das neue WLAN über „Network –› Wireless“. Hier gibt es bereits einen Eintrag für „Open-WRT“. Diesen bearbeiten Sie anschließend mit einem Klick auf „Edit“. In den verschiedenen Registern legen Sie die Verschlüsselung fest, können den Zugriff auf bestimmte MAC-Adressen beschränken und auch die SSID verändern.

Soll der Pi als vollwertiger Router arbeiten, benötigen Sie aus Leistungsgründen einen zweiten Ethernet-Port, also einen USB-LAN-Adapter. Diese neue physikalische und logische Schnittstelle müssen Sie danach Open WRT vorstellen. Die notwendigen Arbeitsschritte erledigen Sie im Abschnitt „System“, wo Sie unter „Software“ erst die Paketquellen aktualisieren müssen. Danach gilt es, den Treiber für den neuen Adapter für den Kernel herunterzuladen. Hier führt eine Suche in den Paketen nach dem verwendeten Chipsatz des Adapters zum Erfolg. Damit sollte das System dann in der Lage sein, den angeschlossenen Adapter selbst zu erkennen. Dieser übernimmt dann die Verbindung zum Router. Dazu legen Sie unter „Network –› Interfaces“ eine neue Schnittstelle vom Typ „WAN“ an, die das Protokoll „DHCP-Client“ benutzt.

Eine solide Portion Fachwissen im Umgang mit Netzwerken und Schnittstellen ist notwendig. Anders als bei kommerziellen Modellen genügt es nicht, eine Option zu setzen, und schon arbeitet Open WRT in einem bestimmten Modus. Einsteiger können reichlich Fehler machen, die zu einem nicht mehr funktionierenden Netzwerk führen. Deswegen haben die Entwickler der Oberfläche eine Rollbackfunktion spendiert. Sie soll verhindern, dass der Nutzer eine Einstellung trifft, die anschließend die Verbindung zur Oberfläche unterbindet. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Zugang per WLAN genutzt wird, aber der WLAN-Schlüssel geändert wird, während die Verbindung besteht.

Unser Fazit

Open WRT bleibt erste Wahl für versierte Anwender, die wissen wollen, was in ihrem Router „drin“ ist, und sich nicht auf die Herstellersoftware verlassen wollen. Die Ansprüche an das Vorwissen sind aber nicht geringer geworden. Für Anfänger ist der Router im Selbstbau gewiss ungeeignet, denn spätestens bei der Konfiguration von DHCP-Servern oder der Anlage statischer Routen ist Fachwissen gefragt. Dafür erhalten Besitzer eines Raspberry eine Software, die den Kleinen rasch in einen Access Point mit integrierter Firewall verwandelt oder in einen preiswerten Router zur Einrichtung eines zweiten internen Netzwerks.

OpenWRT ist ein Router-Firmware-Projekt, das einer Linux-Distribution für Embedded-Systeme gleicht. Sie können die Pakete für eine bestimmte Hardware-Konfiguration herunterladen und mit mitgelieferten Werkzeugen modifizieren. Dies erschwert den Entwickler-Prozess, bietet aber eine enorme Flexibilität.

Um Zeit zu sparen sind verschiedene vorgefertigte Versionen von OpenWRT für gemeinsame Hardware-Typen und Router-Plattformen verfügbar. Dazu gehören generische x86-basierte Systeme zu Broadcom- und Atheros-Chipsätzen. Die Entwickler von OpenWRT empfehlen mit einer handelsüblichen Version anzufangen.

Unterstütze Hardware: Mehr als 50 Hardware-Plattformen und zehn CPU-Architekturen werden unterstützt – alles von ARM-Mini-Boards zu vollwertigen x86-64-Systemen. Es gibt zudem eine Kaufberatung .

Features: Neben umfassender Hardware- und Plattform-Unterstützung beinhaltet OpenWRT eine Unterstützung für das OLSR-Mesh-Netwerk-Protokoll . Mit diesem erstellen Sie aus mehreren OpenWRT-Geräten mobile Ad-hoc-Netzwerke. Auch die Software kann ohne das System zu flashen geändert werden. Pakete können hinzugefügt oder entfernt werden, da ein Paket-Management-System integriert wurde.

OpenWRT bietet zudem sehr spezifische Anwendungsszenarien. Die Cerowrt Buildwurde als Teil des erzeugten Bufferbloat-Projekts zur Vernetzung bei Engpässen-Problemen in LANs und WANs entwickelt. FreeWRT hat einen praktischen Web-basierten Image Builder für alle diejenigen, die eine FreeWRT-Firmware mit einer Anleitung erstellen wollen. Und Gargoyle bietet die Möglichkeit, die Bandbreite pro Host festzulegen.

Einschränkungen: Die Software ist am besten geeignet für User, die genau wissen, was sie tun.

Empfehlung: OpenWRT eignet sich am besten für Experten. Die Firmware bietet so wenig Einschränkungen wie möglich und unterstützt ungewöhnliche Hardware, allerdings bedarf es Bastelarbeit.

m0n0wall und PfSense

m0n0wall ist eine Version von FreeBSD, die entweder als Firewall oder als Router arbeitet. Sie ist mehr als nur eine Firmware-Lösung, sondern ermöglicht den Aufbau einer leistungsfühigen Hardware-Firewall.

Unterstützte Hardware: m0n0wall läuft auf Embedded-Hardware-Systemen mit mindestens 64 MB RAM und 16 MB Flash-Speicher. Zudem läuft die Lösung auf x86-Rechnern und bietet ein hohes Maß an Kompatibilität mit gängigen PC-Komponenten, dank der bereitgestellten BSD-Treiber-Bibliothek.

Features: Alle gängigen Router-Funktionen werden unterstützt, einschließlich Traffic-Shaping und QoS-Tools sowie VLAN-Tagging und Polling. Innerhalb 30 Sekunden ist das System auf Flash-basierter Hardware gestartet. Am nützlichsten ist die ausgeklügelte Web-Schnittstelle, mit der das System das Firmware-Upgrade direkt über einen Browser erhält.

m0n0wall ist auch die Grundlage für pfSense . Wenn Sie einen PC als Router umfunktionieren möchten, sollten sie PfSense statt m0n0wall verwenden. m0n0wall-mod fügt neue WAN-Optionen wie DHCP und PPTP über eine separat aufgelistete WAN-Schnittstelle hinzu.

Einschränkungen: m0n0wall unterstützt nur eine kleine Anzahl von drahtlosen Chipsätzen. Jede 802.11-Hardware basierend auf dem Atheros-Chipsatz sollte aber funktionieren.

Empfehlung: Die Wiederverwendung alter PC-Hardware als Firewall oder Router ist mit PfSense möglich. Dagegen ist m0n0wall eine gute Wahl, wenn Sie Embedded-Hardware-Router in einem Mehrzweck-Netzwerkgerät suchen.

Vyatta

Vyatta ist ein Linux-basiertes Netzwerk-Betriebssystem sowohl in einer Core-Open-Source-Implementierung als auch als kommerzielle Version. Letzteres kann in Form eines Software-Abonnements oder durch den Kauf von Hardware-Geräten erworben werden. Vyatta wird gemeinhin für kleine Gateways oder für Zweigstellen-Gateways eingesetzt.

Unterstütze Hardware: Vyatta läuft auf 32-Bit-x86-Rechnern und kann als Router, Firewall und Netzwerk-Service-Boxen verwendet werden.

Features: Mit dem März 2012 Build kamen eine GUI und ein Dashboard hinzu. Letzteres zeigt grafische Statistiken an. Diese Funktion gibt es nur in der kommerziellen Version. Ferner gibt es RFC-konformes VRRP, ein verbessertes Verbindungs-Tracking- und Logging-Subsystem sowie eine Firewall. Des Weiteren kann Vyatta für viele Virtualisierungsumgebungen wie VMware vSphere 5 als Vorlage verwendet werden.

Einschränkungen: Die größte Einschränkung ist, dass Vyatta ganz für x86-Geräte konzipiert wurde. Das alte x86-Gerät benötigt mindestens 1 GB an Speicherplatz. Obwohl es eine 64-Bit-Version gibt, sollte diese weiterhin als Experiment betrachtet und nicht für die Produktion verwendet werden.

Schließlich gibt es eine Reihe von wichtigen Funktionen einschließlich der Web-Schnittstelle nur in der kommerziellen Version. Die Kommandozeilen-Schnittstelle ist für Netzwerk-Administratoren konzipiert und kann eine Hürde für gelegentliche Nutzer darstellen. Es gibt aber eine kostenlose 30-Tage-Testversion von der kommerziellen Version.

Empfehlung: Vyatta ist ein Business-orientiertes Produkt mit Routing- und Sicherheitsfunktionen, das die Anforderungen der meisten kleinen Büros und Home Offices erfüllt.

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